Martin Donat

Bergamont Hans-E Test: Urbanes Kompaktrad mit Cargobike-Genen?

#einautoweniger, Bikepacking, Commuting, Nachhaltige Mobilität

Das Fahrrad ist ein wichtiger Baustein für die nachhaltige Verkehrswende – da sind sich die Experten einig. Und wer erst einmal aufs Rad gekommen ist, weiß auch: Die lautlose Fortbewegung ist nicht nur praktisch, günstig und umweltfreundlich – sie macht auch Spaß. Nicht zuletzt, weil sie ein großartiges Gefühl zurückbringt: das Gefühl von Freiheit! Unabhängig von Inspektionsterminen, Tankstellen, Parkhäusern und Autobahnen – auf einem Fahrrad wie dem neuen Bergamont Hans-E Test Bike, um das es hier geht, bewegst du dich in der frischen Luft, parkst es, wo immer es passt, biegst ab, wenn dir danach ist. Das Fahrrad ist – wenn du uns fragst – ein Synonym für Freiheit.

Dennoch mag für den einen oder die andere bisweilen das Gefühl entstehen, so ein Fahrrad könnte die eigene Freiheit einschränken. Zum Beispiel, weil zu wenig Platz für den spontanen Großeinkauf vorhanden ist. Oder weil man im Regenschauer mal wieder pitschnass wurde. Oder weil es nicht mit in den Zug durfte, weil dieser voll ist oder weil du auf einem Cargobike unterwegs bist.

Es gibt derartig viele Fahrradkonzepte, dass es ganz natürlich ist, dass nicht jedes Rad zu jedem/jeder Radelnden und jeder Alltagssituation passt. Gerade in der Stadt ist oft der Platz ein limitierender Faktor. Sei es auf den engen, viel befahrenen Straßen oder im Keller der Wohnblöcke. Ein riesengroßes Lastenrad mag praktisch sein, ist unter solchen Bedingungen aber einfach fehl am Platz.

Das hat auch der Fahrradhersteller Bergamont längst erkannt. Darum hat er neben voluminösen Cargobikes wie dem Cargoville LJ70 auch das genaue Gegenteil im Programm: Ein urbanes „Minibike“ mit erstaunlichen Fähigkeiten. Dürfen wir vorstellen: Hans-E! Bergamont selbst charakterisiert das kompakte Zweirad mit dem originellen Namen so: „Extrem kompakt, ultrastark und mega funktional!“ Schauen wir uns also zunächst einmal an, was damit gemeint ist …

Bergamont Hans-E: Das kompakte Mini Urban-Bike im Überblick

Klein, aber oho!

Unser Bergamont Hans-E Test Bike ist „mini“ – das sieht man auf den ersten Blick. Das Kompaktrad sieht ein bisschen aus, als sei es zu lange im Wäschetrockner gewesen: Die Räder sind auf 20 Zoll geschrumpft und auch der Rahmen ist ein bisschen eingelaufen. Kein Wunder: Mit einem Radstand von nur 105 Zentimetern ist der flotte Hans extrem kurz ausgefallen. Doch du siehst auch direkt den zweiten Teil des Konzepts: Hans-E ist klein, aber oho!

Der massiv wirkende Heck-Gepäckträger und sein Pendant an der Front verraten es: Dieses Rad darf ordentlich beladen werden. In Zahlen: Die maximale Gepäckträgerlast beträgt 20 Kilo, insgesamt darfst du mit dem Rad 130 Kilo durch die Gegend befördern. Die Modellvariante „LT“ ist sogar noch potenter: Hier beträgt das zulässige Gesamtgewicht 160 Kilo, vorn dürfen 15 kg drauf, hinten 27 kg. Damit spielt es in einer ähnlichen Liga wie das Tern Quick Haul und darf getrost als Mini Cargobike bezeichnet werden.

Wie schon erwähnt und zweifelsfrei sichtbar: Das Bergamont Hans-E ist ausgesprochen kompakt. Somit dürfte es unter beinahe jede Treppe und in jede Ecke passen. Mit einem Trick wird der Parkplatz-Bedarf wirklich minimal: Der hintere Gepäckträger ist so konstruiert, dass du Hans-E aufrecht darauf aufstellen kannst. Das ist wirklich smart und verdammt praktisch, wenn du beispielsweise in der Wohnung oder im Büro nur wenig Platz zur Verfügung hast.

Ausstattung

In Sachen Ausstattung kommt das Mini Cargobike von Bergamont grundsolide daher. Die robusten 20-Zoll-Laufräder mit Shimano-Naben und Ryde-Felgen werden von extrem pannensicheren Schwalbe Pick-Up-Reifen komplettiert. Diese Reifen wurden extra für den Einsatz an Lastenrädern entwickelt und sind für hohes Gewicht ausgelegt. Dazu kommen bewährte Shimano-Scheibenbremsen, eine günstige Shimano Kettenschaltung und bewährtes Licht aus dem Hause Busch und Müller. Die weiteren Parts kommen teils aus hauseigenen Produktlinien, teils von anderen Komponenten-Herstellern. Sie verdienen alle das Prädikat „unspektakulär, zweckdienlich, günstig“. Die gesamten Ausstattungsdetails findest du hier.

Bleibt noch ein Bauteil des Hans-E, das dir sicher auch schon aufgefallen ist: Der E-Motor. Hier kommt bewährte Bosch-Technik zum Einsatz, nämlich ein Motor der Bosch Performance Line in der dritten Generation. Da wir mittlerweile bei Generation 4 dieser Motor-Baureihe angelangt sind, fragst du dich vielleicht, was die Unterschiede sind. Wir brechen das an dieser Stelle mal kompakt herunter: Die Motoren der Powerline Gen. 3 sind minimal „schwächer auf der Brust“ als die neuen 4er. Ist das schlimm? Keineswegs. Die Motorpower dürfte im angedachten urbanen Bereich mehr als ausreichend sein.

Hans-E ist mit einem Bosch Intivua Display ausgestattet. Dort kannst du die wichtigsten Daten zum Rad ablesen. Die LED-Remote Lenker-Fernbedienung ermöglicht eine komfortable Bedienung unterwegs. Außerdem macht diese Bedieneinheit das Intuvia-System smart: Du kannst es mit deinem Smartphone koppeln und mit der Bosch Flow App verbinden.

Bergamont Hans-E: Mini-Commuting-City-Cargobike mit zwei Modellen

Wir haben es oben schon anklingen lassen: Hans-E kommt nicht allein. Im Gepäck ist sein großer Bruder, Hans-E LT. Der ist ein Stück länger und darf ein bisschen mehr laden. Mindestens genauso spannend finden wir, dass er mit einem Riemenantrieb ausgestattet ist. Gerade im urbanen Einsatz und zu „zivilen“ Anlässen ist das ein großer Vorteil. Erstens, weil jede Art von Antriebswartung quasi wegfällt.

Zweitens – so banal es auch klingt – weil der Riemen blitzblank ist und keine schwarzen Streifen an der frisch gewaschenen Hose (oder an der sonnengebräunten Wade) hinterlässt. Rund 600 Euro trennen die beiden Hans-Es voneinander: 3.999 Euro vs. 4.599 Euro. Wenn die Ultra-Kompaktheit vom Standard-Hans nicht dein schlagendes Argument ist, lohnt es also durchaus, sich die „LT“-Variante genauer anzuschauen.

Der Bergamont Hans-E Test

Hans-E ist bei uns im Dauertest. Das macht diesen Test zum Dauerbrenner: Über den Sommer 2023 hinweg lohnt es sich also, immer wieder mal hier reinzuschauen: Wir werden diesen Text ergänzen, wenn wir neue Erkenntnisse gewinnen. Was wir in der Zwischenzeit mit unserem Hans-E erlebt haben, kannst du in der Print-Ausgabe unseres Magazins nachlesen. Wenn es etwas Neues gibt, erfährst du das in unserem Newsletter.

Die erste große Reise von Hans war gleich eine ganz besondere: Auf der Suche nach Freiheit, waren wir mit ihm Bikepacken! Mit Schlafsachen und Proviant bepackt, strandeten wir schließlich auf einem coolen Kultur-Festival mit Mucke von Punk bis Drum’n’Base. Aber mehr dazu in unserer Ausgabe #21

Erster Eindruck

Neben dem Lastenrad in der Garage wirkt unser Bergamont Hans-E Test Bike wirklich Mini! Als die spontane Idee aufkam, mit ihm einen Bikepacking Trip zu unternehmen, war die erste Frage: Passt denn da auch alles drauf? Die Antwort lautet: Ja! Es ist wirklich erstaunlich, wie viel man auf so wenig „Raum“ unterbringen kann. Der Schlüssel hierfür liegt in den robusten Gepäckträgern sowie in dazu passenden Taschen.

Tatsächlich haben wir relativ hemmungslos gepackt und deutlich mehr mitgenommen, als wir es mit einem schlanken Gravel-Bikepacking-Setup normalerweise machen. Warum wir hier alle fünf gerade ließen? Daran ist natürlich der E-Motor schuld. Wenn er schon da ist, soll er auch zeigen, was er kann …

Und er kann eine Menge: Im Turbo-Mode geht das Rad richtig nach vorn. Jedenfalls bis 25 km/h. Das Gefühl, selber bemerkenswert viel dazu beitragen zu müssen, entsteht nicht. Damit der Akku nicht nach kurzer Zeit auf Reserve läuft, schalten wir einen Gang runter. Beziehungsweise drei Gänge: Vom Maximalen Turbo-Mode auf die unterste Stufe „Eco“. Das reicht immer noch voll und ganz aus, um das kompakte Paket ohne Verausgabung anzutreiben. Das macht sich bei der Anzeige der Reichweite deutlich bemerkbar: Von etwas über 40 Kilometer springt sie plötzlich hoch auf über 70. Das klingt doch schon besser …

Hans-E: Mehr Mofa als Sportrad

Natürlich ist ein sportliches Gravelbike kein besonders sinnvoller Vergleich. Da wir aber sonst meist auf solchen Gefährten unterwegs sind, tun wir es trotzdem. Drücken wir es also so aus: Es fühlt sich „witzig“ an, auf Hans-E zu fahren. Dank hohem Lenker fühlen wir uns ein bisschen an ein Mofa erinnert. Es sieht ja auch ein wenig so aus … lange Rede, kurzer Sinn: Hans-E hat nichts mit sportlicher Fahrweise zu tun. Die Sitzposition ist ebenso kompakt wie das ganze Rad. Dazu sitzt man aufrecht und durchaus bequem. Zumindest auf den ersten Kilometern – mal sehen, ob das so bleibt.

Wenn man sich an diese entspannte Position erstmal gewöhnt hat, macht sie auch auf langer Strecke Spaß. Man muss nur erstmal „loslassen“. Loslassen von der Hektik, die sonst oft mitfährt – allein, weil sie von der sportlichen Sitzposition der meisten Gravelbikes vorgegeben ist. Wenn ein Rad so steif, effizient und agil ist, dann will man das auch nutzen. Kleine Sprints, zackige Überholmanöver – das alles gehört zu einer Graveltour doch dazu, oder nicht?

Verabschiede dich davon, wenn du mit Hans-E unterwegs bist. Hans ist ein ganz chilliger Typ. Genieße auch du die Freiheit der Entspannung! Ein Sprint macht ohnehin keinen Sinn, denn ab 25 km/h endet natürlich die Motorunterstützung – und das sähe dann wirklich blöd aus. Außerdem kommt das Vorderrad hoch, wenn du zu feste in die Pedale trittst – wenn du diese Technik zum gekonnten Hochstarter verfeinerst, gibt es Extra-Stylepunkte.

Spaß beiseite: Während unserem Bergamont Hans-E Test macht das Bike genau das, wofür es gebaut wurde – und zwar mit Bravour. Hans sorgt dafür, dass du im urbanen Umfeld und sogar auf gelegentlichen Schotter-Strecken komfortabel unterwegs bist. Er ist agil, aber laufruhig – trotz der kleinen Räder. Sein Wendekreis ist sensationell klein. Und ihm ist es egal, wenn du ihn voll belädst: Auch dann bleiben all diese guten Eigenschaften erhalten. Kurzum: Hans-E ist ein erstaunlich robuster und belastbarer Begleiter im Alltag. Ob auf dem Weg zum Büro, beim Einkaufen oder eben auf für den Wochenendausflug: All das kann Hans-E und zwar auf vorbildliche Art und Weise.

Wie lange hält der Akku?

Klar, diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es hängt davon ab, was du geladen hast, wo du herfährst, wie viel du selber in die Pedale trittst und in welchem Modus du unterwegs bist. Tag 1 unserer Bergamont Hans-E Test Tour ist daher nur ein Beispiel: Wir sind rund 75 Kilometer gefahren und hatten am Ende rund 60 Prozent der Akku-Kapazität aufgebraucht. Anfänglich waren wir noch im hügeligen Gebiet zwischen Sauerland und Bergischem Land unterwegs. Später dann am flachen Niederrhein.

Wir sind überwiegend im Eco-Mode gefahren, ganz am Ende auch mal ohne Unterstützung, weil es im Flachland einfach problemlos funktionierte. Jedenfalls hatten wir das Gefühl, dass die integrierte Reichweiten-Anzeige einigermaßen realistische ist und eher noch ein bisschen Reserve mit einrechnet.

Bergamont Hans-E Test: Praktische Erfahrungen auf unserem spontanen Bikepacking Trip

Was haben wir noch auf unserer ersten großen Reise mit dem Bergamont Hans-E in Erfahrung bringen können? Eine wichtige Erkenntnis: Ein kompakter City-Sattel mag auf kurzer Strecke komfortabel sein. Spätestens nach 50 Kilometern ist er es nicht mehr. Mit anderen Worten: Der Hintern schmerzte. Weiterhin machte die Kette nach einiger Zeit darauf aufmerksam, dass sie – im Gegensatz zu einem Riemenantrieb – durchaus Wert auf gelegentliche Pflege legt. Bist du also mit Kette unterwegs: vergiss nicht das Ölfläschchen.

Dritte Erkenntnis: Hans-E und die Bahn sind ein prima Team! Nur an nicht barrierefreien Bahnhöfen brachte uns das stattliche Gesamtgewicht (leer wiegt es schon gute 26 Kilo) des beladenen Packesels ins Schwitzen. Einmal im Zug, lief alles bestens: Das Rad ist super kompakt und findet, weil es so kurz ist, in jedem Abteil einen Platz. Kleiner Nebeneffekt: Dank seiner interessanten Optik kamen wir unterwegs einige Male ins Gespräch mit anderen Bahnreisenden.

Der graue Alltag

So ist das im Leben: Wenn etwas neu ist, ist es noch spannend und du bist voller Euphorie. Die erste große Tour mit Hans-E war ein Abenteuer. Danach kehrte der Alltag ein. Doch genau dann wird es spannend: Wie funktioniert Hans-E, wenn der Alltag eintönig und grau ist?

In diesem Sommer und Herbst konnten wir das sprichwörtlich herausfinden. Nachdem der Sommer mit ein paar Wochen herrlichem Wetter gestartet war, schlug es ins Gegenteil um: Es begann zu regnen. Und irgendwie hörte es nur noch selten auf. „Grauer Alltag“ passt perfekt. Das ist vielleicht nicht so angenehm – dafür konnte sich unser Hans aber auch unter unangenehmen Bedingungen beweisen.

Insbesondere seine „Vollausstattung“ mit Licht und Schutzblechen hat uns ein ums andere Mal den Tag gerettet. Die Schutzbleche sind absolut vollwertig, führen weit ums Rad herum und sorgen dafür, dass Fahrerin oder Fahrer zumindest von unten trocken bleiben. Darauf kannst du dich verlassen und das ist gut!

Die hochwertige Beleuchtung ist ebenfalls ein dickes Plus. Wie oft kamen wir ins Dunkle oder einfach in ein fieses, nebliges Regenloch mit schlechter Sicht! Dann ist so ein Licht Gold wert und sorgt dafür, dass die anderen Verkehrsteilnehmenden (in unserem Fall überwiegens Autofahrende) das Gefährt trotzdem wahrnehmen. Die gute Reifenwahl vermittelt bei Nässe ebenfalls ein sicheres Gefühl – dasselbe gilt für die Shimano Bremsen, die unbeeindruckt vom ganzen Wasser top Bremsleistung abliefern und allenfalls zu Beginn der Fahrt mit einem temporären Quietschen darauf hinweisen, dass etwas anders ist als sonst.

Kleine Randbemerkung: Je kälter es war, desto größer wurde bei uns die Reichweite vom Bergamont Hans-E! Wie kann das sein? Ganz einfach: Uns wurde kalt. Also regelten wir die Motorleistung runter – getreu dem Motto: Arbeit ist die wärmste Jacke! Und schon bald radelten wir wieder in unserem Komfort-Bereich.

Soweit unsere bisherigen Eindrücke mit dem kompakten Lastenrad Hans-E von Bergamont. Sei gespannt auf weitere Abenteuer mit diesem ziemlich coolen Mini-Bike! Und schau mal wieder rein, denn wir halten unseren Bergamont Hans-E Test up to date.

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