Windcloud: CO2 neutrales Rechenzentrum mit Algenfarm

Martin Donat

Windcloud: Grüne Cloud und CO2 neutrales Rechenzentrum mit Algenfarm

Bikepacking, Klimawandel, lifeCYCLE Magazine Ausgabe #13, Nachhaltige Unternehmen, Nachhaltigkeit

Grüne Cloud vs. Klimakiller Digitalisierung

Digitalisierung und Klima: Warum Daten nicht so sauber sind, wie man denkt…

Online-Daten sind etwas Abstraktes. Sie sind irgendwo in der Cloud, aber nicht richtig greifbar. Mit einer Festplatte oder einer DVD ist das was anderes. Zwar ist es auch hier kaum vorstellbar, welche Mengen von Daten so ein kleiner Datenträger beherbergen kann. Dennoch hat man immerhin etwas in der Hand. Und es ist auch direkt klar: Hier muss etwas aufwendig produziert werden. Wenn es defekt ist, entsteht Müll und so weiter. Sich dank Cloud, Streaming und so weiter diesen ganzen Aufwand zu sparen, erscheint also zunächst erstmal sinnvoll, oder nicht? Ganz so ist es leider nicht …

Ich habe mich mal im Netz umgesehen (siehst du, auch wir können kaum ohne!) und ein paar Zahlen gesammelt, die ganz gut das Dilemma darstellen. Auf den ersten Blick ercheint es – wie schon erwähnt – sinnvoll, dass wir keine DVDs mehr produzieren müssen, um einen Film zu sehen. Doch ganz so einfach ist die Rechnung nicht. Die Dematerialisierung ist zwar erst einmal nicht verkehrt, doch das bedeutet noch lange nicht, dass die Digitalisierung gut fürs Klima ist.

Es gibt Berechnungen, die besagen, dass eine Stunde Videostreaming genau so viel CO2 produziert, wie ein Kilometer Autofahren. Allein die rund eine Milliarde versendeter E-Mails pro Tag (!) hinterlassen 1.000 Tonnen CO2. Und all die schöne Digitalisierung zusammengenommen produziert mittlerweile mehr Klimagase, als der weltweite Flugverkehr. Ganz schön krass, oder?

Das bringt mich jedenfalls zum Nachdenken: Aufs Auto zu verzichten oder kein Fleisch zu essen ist schön und gut – aber ist das nicht scheinheilig, wenn ich mir Abends auf der Couch gemütlich den Blogbuster per Videostream reinziehe und dabei kiloweise CO2 in die Luft blase, ohne es zu merken?

Lösungen für das Streaming Dilemma: Die grüne Cloud

Es gibt zwei Möglichkeiten, dem Problem zu begegnen und die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Klima zu reduzieren. Nummer 1: Rigoros auf all das Digitale verzichten. Ist das realistisch? In gewissem Rahmen vielleicht, aber grundsätzlich eher schwierig. Klar kann ich auf Videostreaming verzichten, möglichst alle gelesenen E-Mails vom Server löschen, sinnlose Nachrichten und unnötiges Herumsurfen vermeiden und meine Musik von echten Tonträgern hören, die ich idealerweise auf dem Flohmarkt kaufe.

Sicher macht vieles davon sogar Spaß. Aber genauso sicher wird so ein Konsumverhalten nicht bei der breiten Masse ankommen. Womit wir schon bei Nummer 2 sind: Man müsste versuchen, digitale Technologien CO2-neutral zu betreiben. Und genau das hat sich die Firma Windcloud 4.0 auf die Fahne geschrieben, die ich für unsere Ausgabe 13 besucht habe. Ich war im hohen Norden und habe mir angeschaut, wie deren grüne Cloud funktioniert.

Die Windcloud Story

Wie es bei Windcloud aussieht und wie ich dahin gekommen bin, kannst du dir in unserer Ausgabe 13 genau anschauen. Und hier findest du die Tourdaten in unserem komoot Profil. Alle Informationen zu Windcloud gibt es hier.

Digital geht auch grün!

Windcloud und die CO2-neutrale, grüne Cloud „Nextcloud“

In diesem Artikel möchte ich dir von meinen Erfahrungen mit dem Windcloud Speicher, der „Nextcloud“, berichten, die ich seit einiger Zeit – zumindest teilweise – gegen meinen Google-Drive ausgetauscht habe. Natürlich ist der private Datenspeicher nicht die alleinige Lösung des Problems. Und genau deshalb wendet sich das Angebot von Windcloud vor allem an Großkunden, die enorme Rechenpower benötigen. Trotzdem finde ich es spannend und wichtig, auch in meinem kleinen Rahmen daran mitzuwirken, unseren digitalen Alltag etwas nachhaltiger zu gestalten.

Wie macht Windcloud Rechenzentren CO2-neutral?

Die Grundidee ist einfach: So wie ein Bauer sein Feld auch nicht auf einem unfruchtbaren Felsboden anlegt, sondern dort anbaut, wo der Boden geeignet ist, ist auch das Grundprinzip von Windcloud. Für das Betreiben eines Rechenzentrums benötigt man vor allem eines: Viel Energie. Und die gibt es im Norden von Deutschland massenhaft: In Form von purer Windkraft! Der Standort in Nordfriesland, der auf den ersten Blick völlig weg vom Schuss und somit ungeeignet wirkt, hat sogar noch weitere Vorteile …

Windcloud befindet sich auf einem ehemaligen Militärgelände. Dort sind die Grundstückspreise beziehungsweise Mieten viel günstiger, als in einem Ballungszentrum wie Frankfurt und es gibt noch eine ganz besondere Spezialität: die alten Bunker. Diese sind nicht nur extrem sicher (wichtig für Rechenzentren) – in ihrem Inneren herrschen das ganze Jahr über relativ konstante, relativ niedrige Temperaturen. Ein ganz wichtiger Punkt, denn Server erzeugen viel Wärme. Und je kälter ein Raum ist, in dem der Server steht, desto weniger Energie wird benötigt, um ihn zu kühlen.

Die Kraft des Windes
Je höher Martin gen Norden radelt, desto seltener kommt es vor, dass er kein Windrad im Blick hat…


Nicht CO2-neutral, sondern CO2-absorbierend: Die Algenfarm

Von Anfang an hatten die Macher der grünen Cloud eine Vision: Mit Hilfe von Microalgen wollte man nicht nur CO2-neutral agieren, sondern das Klimagas sogar binden. Das Prinzip ist einfach: Das Rechenzentrum erzeugt Abwärme, die die Algen zum Wachsen brauchen. Gleichzeitig binden sie beim Wachsen CO2. Genial einfach, zumindest in der Theorie. Wie das praktisch aussieht, habe ich mir angeschaut und du kannst es in unserer Ausgabe 13 nachlesen. Falls du dich übrigens fragst, um was für Algen es sich hier handelt: Mehr Infos dazu findest du hier.

Windcloud: CO2 neutrales Rechenzentrum mit Algenfarm – eine Grüne Cloud im wahrsten Sinn des Wortes
Was hat Videostreaming mit einem CO2-neutralen Rechenzentrum und mit einer Algenfarm zu tun? Ganz einfach: Kein Streaming ohne Rechenzentrum. Ein Rechenzentrum benötigt viel Energie, einen Großteil davon für die Kühlung. Doch anstatt energieaufwändig zu kühlen, wird die Abwärme bei Windcloud genutzt. Und zwar von Algen, die sie zum Leben brauchen. Und während sie so leben, binden sie auch noch CO2. Ein ganz schön smartes Konzept, oder nicht?

Nextcloud Datenspeicher – Grüne Cloud im Test

Wie gut ist die CO2-neutrale Cloud im Alltag?

Das ist alles schön und gut, aber wie funktioniert die Nextcloud im Alltag? Für mich sind Cloud-Lösungen mittlerweile kaum noch aus dem Arbeitsalltag wegzudenken. Ich nutze nicht nur den Speicher, sondern auch Anwendungen wie Google-Docs und Videostreaming-Tools, um effizient von zu Hause aus im Team arbeiten zu können. Die gute Nachricht: Im Prinzip kann die Nextcoud all das auch. Unzählige optionale Apps auf Open Source Basis lassen im Prinzip kaum Wünsche offen. So kannst du deine E-Mails verwalten, einen Kalender einrichten, gemeinsam mit deinem Team an Dokumenten arbeiten und sogar eine Art Aufgaben-Organisation a la Trello einrichten. Im Prinzip.

Die Cloud

Die wichtigste Funktion für mich. Ich muss Daten speichern, verschicken und sichern. Mein Google Drive ist dabei die Referenz – ich empfinde ihn als handlich und funktionell. Kann die Nextcloud da mithalten? Überraschender Weise hält sie nicht nur mit, sondern gefällt mir sogar besser! Das Handling ist super und alles ist total intuitiv. Dank Desktop App nutze ich den Cloudspeicher als „normalen“ Ordner, der sich ganz so, wie ich es möchte, mit meinem iMac synchronisiert. Das Teilen von Ordnern oder Dateien finde ich mindestens so einfach, wie mit Google – wenn nicht sogar etwas handlicher.

Richtig cool wird es aber ab dem Paket „Brise“: Alle Daten liegen dann auf einem privaten virtuellen Server und du kannst das Erscheinungsbild der Browser-Ansicht an dein Unternehmen anpassen. In meinem Fall richte ich unsere Magazin-Farbe Grün ein, lade unser Logo hoch und gebe dem Speicherplatz einen Namen: lifecyclemag.windcloud.de. Klingt gleich viel professioneller, oder?

Nextcloud Desktop-Ansicht
Aufgeräumt und intuitiv – die Benutzeroberfläche der Nextcloud macht einen guten Eindruck. Und: Sie lässt sich individualisieren, was gerade für Firmen oder Selbständige ein cooles Feature ist.


Die Apps

Hier will ich ehrlich sein: So intuitiv sich der Speicherplatz bedienen lässt, so schwer fällt mir die Umgewöhnung bei all den Apps. Hier hat Google echt gut vorgelegt. Hinzu kommt, dass viele Endgeräte und viele meiner Kontakte ebenfalls auf Google-Produkte setzen, sodass ich ohnehin damit arbeiten muss. Ich müsste mir also letztendlich die Zeit nehmen und mich intensiver damit auseinandersetzen, um wenigstens mit unserem lifecycle Team umzusteigen. Die gute Nachricht: Sehr vieles ist möglich, teilweise sogar gut umgesetzt und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. 

Unterm Strich komme ich trotzdem nicht von Google los. Der Internetriese ist einfach zu verbreitet und hat zugegeben Weise ein echt gutes Angebot am Start. Weil das alles so handlich und günstig ist, wird wohl kaum die Breite Masse zu Windcloud wechseln, so schön es auch wäre. Windcloud nimmt aber trotzdem eine Vorreiter-Rolle an. Sie zeigen, was möglich ist. Vielleicht wird darauf eines Tages ein ökologischer Standard, der eingehalten werden muss. Spätestens dann musste Google sich bei Windcloud etwas abschauen. Wer weiß …

Onlyoffice vs. Google Docs
Onlyoffice heißt das Nextcloud Pendant zu Google Docs. Es funktioniert sehr ähnlich und taugt auch für die Zusammenarbeit im Team, dennoch muss man sich erstmal daran gewöhnen. Größtes Manko: Andere Tools wie Google Docs sind in vielen Firmen einfach Standard, sodass man ohnehin kaum darum herumkommt…


Die Preise

Eines ist klar: Um CO2-neutralen Rechenspaß zu genießen, ist beim derzeitigen Windcloud-Preismodell ein gewisser Enthusiasmus nötig. Zwar gibt es ein „Start“-Paket für 25 Euro im Jahr, mit nur 25 Gigabite Speicher und einem TB Traffic ist es aber dem bezahlten Einstiegspaket von Google deutlich unterlegen (da gibt es für 19,99 Euro im Jahr 100 GB Speicher ohne Traffic-Begrenzung). Bei diesem Angebot gibt es auch noch kein persönliches Erscheinungsbild der Browser-Oberfläche. Die gibt es ab dem Paket „Brise“: Das kostet 15 Euro im Monat und bietet 200 GB Speicher. Zum Vergleich: Bei Google One kostet derselbe Speicherplatz 29,99 Euro im Jahr.

Das Fazit

Es gibt Licht und Schatten beim CO2-neutralen Cloud Speicher Nextcloud. Größter Wermutstropfen ist das bisherige Preismodell, das doch deutlich teurer ist, als zum Beispiel vergleichbare Angebote von Branchen-Primus Google. Außerdem erfordert es eine gewisse Umgewöhnung, wenn man gleich auch auf Nextcloud-Apps zum Beispiel zur Textverabreitung im Team umsteigen möchte, die insgesamt einfach etwas unhandlicher sind, als ich es von Google gewöhnt bin.

Vieles hat mir aber auch richtig gut gefallen: Da wäre die personalisierbare Benutzeroberfläche in der Browseransicht, die beim Versenden von Daten gleich einen viel professionelleren Eindruck macht. Das generelle Handling, online wie auf dem Computer daheim, hat mir richtig gut gefallen. Ebenfalls top: das kostenlose Videotool. Und – das darf man nicht vergessen – all das funktioniert auf der Basis von Windenergie und mit Hilfe von Algen, die sogar dafür sorgen, dass wir beim Daten Speichern sogar CO2 binden, anstatt es zu produzieren. Am wichtigsten bei all dem ist aber ganz sicher die Erkenntnis: Wenn wir nach Lösungen suchen, dann können wir sie finden! Nun liegt es an uns, sie auch zu nutzen.

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