Fahrrad nach Maß – Übersicht
Fahrrad nach Maß – die Vorgeschichte
Wild und jung probiert der Mensch sich aus. Rastlos reist er umher, auf der Suche nach dem perfekten Ort, dem besonderen Kick oder dem Partner fürs Leben. So manches wird entdeckt und wieder vergessen. Was bleibt, sind Erfahrungen und Erkenntnisse, die fürs Leben prägen. Irgendwann, mit ein bisschen Glück, kommt der Moment, an dem man zu sich findet. Eine Art von Zufriedenheit, die vieles erübrigt, was früher elementar zu sein schien. In Wirklichkeit ist dieser Moment ein Prozess, der viel Zeit braucht und der viele Gesichter hat.
Doch bevor nun der ein oder andere Leser voller Vorfreude auf eine philosophische Betrachtung des Lebenssinns wartet und am Ende bitter enttäuscht wird, will ich kurz daran erinnern, dass weder Aristoteles noch Sokrates diese Zeilen verfassten, sondern ein einfacher Fahrrad-Nerd, dessen Leben sich – in großen Teilen – um die Fortbewegung auf zwei Rädern dreht. Begleitet mich auf der Suche nach meiner mobilen Zufriedenheit: meinem Fahrrad nach Maß, meinem Fahrrad fürs Leben, mit einem Fahrradrahmen aus Stahl, eine Fahrrad Maßanfertigung made by Portus Cycles.
Als junger Mensch war ich dem Mountainbiken verfallen. Es war damals ein wahrer Boom, der aus den fernen USA nach Europa schwappte und dessen Konzept des Fahrens jenseits ausgetretener Wege mich begeisterte. Als Schüler gab es nur ein Dilemma: All die unausgereiften Systeme mit ihren bunt eloxierten Teilen waren viel zu teuer, als dass ich mir den wirklich coolen Kram hätte leisten können. In den Ferien schuftete ich meinem Traum hinterher und lernte, dass es harte Arbeit erfordert, um ihn sich zu erfüllen. Ausgestattet mit immer besserem Material begann ich, Downhillrennen zu fahren.
Woche um Woche reisten wir durchs Land, um auf verschiedensten Rennstrecken den Schnellsten Fahrer (und die schnellste Fahrerin) zu ermitteln. Und um eine wilde Party zu feiern. Bis mir irgendwann der Zusammenhang von besonders guter Party und besonders schlechten Rennresultaten auffiel. Die Zeit war reif für mein erstes Rennrad. Damals noch heimlich, denn die leichten Schmalspurräder mit ihren Lycrabekleideten Piloten genossen unter den wilden Bergabfahrern kein hohes Ansehen.
Trotzdem begann ich, immer weiterere Strecken mit diesem Rennrad zu fahren und eignete mir ganz nebenbei eine kleine Portion Fitness an, die sich recht eindeutig auf meine Rennresultate übertrug. Natürlich wurde ich nie Weltmeister – doch ich entdeckte etwas, das ich bisher nur von den abendlichen Gelagen am Lagerfeuer des Fahrerlagers kannte: Ehrgeiz und Durchhaltevermögen! Plötzlich fuhr ich Rennen um des Rennens willen, nicht wegen der Party. Und es machte mir Spaß!
Das Mountainbiken war mittlerweile allgemein angekommen und akzeptiert. Nun gab es Downhillmaschinen, aber auch Freeride- und Endurobikes. Und auch das Rennradfahren wurde irgendwie frischer und facettenreicher. Fixed-Gear-Bikes erlebten einen kurzen Boom und plötzlich konnte man Lycra-Radler mit langen Bärten und Tattoos treffen. Das Fahrradfahren an sich war plötzlich cool und der gemeinsame Nenner aller Disziplinen bekam einen Namen: das Gravelbike! Ich könnte diese Geschichte noch in vielen bunten Facetten ausschmücken und damit vermutlich ein ganzes Buch füllen. Doch worum es eigentlich geht, sind die Erlebnisse, Erfahrungen und Rückschlüsse, die sich aus all dem für mich ergeben.
Die wichtigste Erkenntnis ist vielleicht diese hier: Ich brauche nicht das neuste, beste und trendigste Bike. Ein Fahrrad allein reicht mir, um die Zufriedenheit zu erreichen, die sich meist ergibt, wenn ich auf zwei Rädern unterwegs bin. Als Rennfahrer war es eigentlich normal, im Jahresrhythmus auf das neuste Material zu wechseln. Das brauche ich nicht mehr. Stattdessen entstand der Wunsch nach einer festen „Partnerschaft“. Das Rad fürs Leben, an dem alles perfekt zu mir passt und mit dem ich – hoffentlich in ferner Zukunft – meine letzte Tour fahren werde. Nach all den schönen Jahren bin ich bereit für ein maßgeschneidertes Fahrrad, ein Fahrrad nach Maß. Zeit für MEIN Fahrrad fürs Leben!
Das Projekt: Die Fahrrad Maßanfertigung
Ich lernte Alexander Clauss vor einigen Jahren auf der Berliner Fahrradschau kennen, wo ich an seinem Messestand von ihm das Löten von Fahrradrohren erklärt bekam und es sogar selbst ausprobieren konnte. Alex hatte sich vor sieben Jahren mit seiner Rahmenschmiede Portus selbständig gemacht und mir gefiel damals schon seine bodenständige und frische Art, das Thema Rahmenbau anzugehen. Seine Fahrradrahmen aus Stahl gefielen mir auf Anhieb gut.
Irgendwie stimmten die „Vibes“ zwischen uns und so kam er mir in den Sinn, als ich immer konkreter über mein Fahrrad nach Maß nachdachte. Ein vermeintlich kurzer Anruf dauerte am Ende zwei Stunden und es zeigte sich, dass unsere Idee vom perfekten Fahrrad weit über einen Fahrradrahmen aus Stahl hinaus geht und vor allem das Thema Nachhaltigkeit ein wichtiger Bestandteil einer solchen Fahrrad Maßanfertigung sein sollte.
Fahrrad nach Maß made by Portus Cycles
Nun sitze ich im Zug nach Pforzheim, wo sich in einem verschlafenen Vorort die Werkstatt von Portus Cycles befindet. Heute wollen Alex und ich unserem gemeinsamen Projekt „Fahrrad nach Maß“ konkretere Formen verpassen. Getreu dem Motto „gut Ding braucht Weile“ werden wir heute erste konkrete Ideen für meinen Fahrradrahmen aus Stahl sammeln. Der grobe Plan sieht vor, dass ich in etwa einem Jahr meine fertige Fahrrad Maßanfertigung probefahren kann. Ein echtes Slow-Bike, sozusagen. Alex holt mich mit seinem Lastenrad am Bahnhof ab, bis zur Werkstatt ist es nicht weit. Schon beim ersten Blick in die heiligen Hallen ist klar: Alex ist ein totaler Fahrrad-Liebhaber. Und er mag offenbar alte Dinge, insbesondere alte Maschinen.
Dieser Eindruck trügt in keinster Weise, wie mir Alex bestätigt: „Ich schraube an Fahrrädern, seit ich zwölf bin. Mit 15 hatte ich meinen ersten Job im Fahrradladen, später studierte ich Maschinenbau und beendete dann ein duales Studium bei der Firma Tune. Als ich fertig damit war, arbeitete ich noch ein Jahr bei Acros, dann machte ich mich selbständig.“
„Und ja: Fakt ist, dass ich auf alte Sachen stehe. Altes ist oft so erhaltenswert, insbesondere alte Maschinen. Die sind oft unheimlich steif und robust, haben noch richtig Gewicht. Heute muss immer alles leicht und billig sein. Außerdem kosten so alte Maschinen, im Vergleich zu neuen, in der Regel relativ wenig. Sie sind von langer Dauer und: sie haben Patina. Ich mag Dinge, denen man ansieht, dass sie etwas erlebt haben. Auch wenn sie mir nicht sagen könnten was, aber ich sehe: sie haben etwas erlebt.“
Fahrradrahmen aus Stahl – das Brainstorming
Wir ziehen gemeinsam ein uraltes, sauschweres Zeichenbrett aus einer Ecke und platzieren es so, dass wir uns gemütlich davor hinsetzen und in aller Ruhe unsere Ideen skizzieren können. Über Wesentliches sind wir uns schnell einig: Möglichst „made in Germany“ soll das neue Fahrrad nach Maß sein. Der Rahmen soll aus Stahl gefertigt sein und auch beim Rest der Komponenten wollen wir möglichst nachhaltig denken. Das bedeutet natürlich, dass jedes einzelne Teil möglichst nachhaltig entstehen soll.
Das bezieht sich aber auch auf die Funktion: Schließlich soll mein neues Fahrrad nach Maß perfekt meinen Vorstellungen entsprechen, damit ich es viele Jahre lang oft und gern benutze. Wir wollen möglichst auf Carbon verzichten und Teile verbauen, die mit Zeit, Liebe und Leidenschaft gebaut wurden. Alex bringt auf den Punkt, was am Ende das Wichtigste ist: „Das nachhaltigste Fahrrad ist das, was man möglichst lange fährt.“
Martins Fahrrad nach Maß: Wie wird es aussehen?
Nach zwei Stunden Brainstorming steht der grobe Plan für Martins Fahrrad nach Maß. Nun haben wir beide ein paar Hausaufgaben zu erledigen. Eine Menge Recherche steht an. Für welchen Rohrsatz für den Fahrradrahmen aus Stahl entscheiden wir uns? Welche Rahmengeometrie passt perfekt zu mir? Was soll mein Fahrrad grundsätzlich können, was muss nicht sein? Welche Teile werden wir verbauen? Alex und ich sind Feuer und Flamme. Schon jetzt steht Fest: Das Fahrrad fürs Leben ist ein geiles Projekt!
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