Martin Donat

Mechanische Scheibenbremse oder hydraulische Scheibenbremse? TRP Spire C im Test

Gravelbike, lifeCYCLE Magazine Ausgabe 16, Zubehör

Vor- und Nachteile: mechanische Scheibenbremse vs. hydraulische Scheibenbremse

Mechanische Scheibenbremse: Theoretische Vorteile

Es ist ein bisschen eine Glaubensfrage. Während die einen auf die kompromisslose Bremspower und die einfache Handhabung hydraulischer Systeme pochen, schwören andere auf unkaputtbare, zuverlässige und im Fall des Falles auch im hinterletzten Winkel der Welt reparierbare mechanische Systeme.

Vor allem unter echten Abenteurern ist die mechanische Scheibenbremse eine beliebte Wahl. Eines ist auf jeden Fall Fakt: Eine mechanische Bremse ist deutlich einfacher aufgebaut und wird über ein ziemlich idiotensicheres System betätigt: mit dem guten alten Bowdenzug. Während dieser im Zweifelsfall super easy ausgetauscht ist, steht man mit einem hydraulischen System schnell vor einem echten Problem, wenn unterwegs ein Defekt zuschlägt.

Wer also wirklich ausdauernde Touren fährt und oft in entlegenen Gegenden unterwegs ist, für den macht ein mechanisches System theoretisch absolut Sinn. Hier zählt vor allem die Zuverlässigkeit des Systems und die einfache Reparierbarkeit im Fall des Falles. 

Was spricht gegen eine mechanische Scheibenbremse?

Sind wir mal ehrlich: Wer zählt wirklich zur Kategorie der Ausdauer-Abenteurer? Wer einfach nur daheim schöne (Gravel-)Touren fährt, für den oder die bieten hydraulische Bremsen durchaus einige Vorteile. Solange eine solche Bremse dicht ist und regelmäßig gewartet wird, ist sie in der Regel super zuverlässig und extrem einfach in der Handhabung. So stellen sich zum Beispiel die Beläge ganz von von allein nach, sodass man hier wirklich nur ab und zu neue einbauen muss.

Auch können keine Seilzüge verdrecken, was in stets gleichbleibender Leichtgängigkeit der Bremshebel resultiert. Ganz oben auf der Pro-Liste hydraulischer Systeme steht natürlich die Bremspower, die hervorragend ist und sich bei den meisten Bremsen bestens dosieren lässt. All diese Punkte erfordern bei mechanischen Bremsen eine gewisse Kompromissbereitschaft – oder?

Mechanische Scheibenbremse
Weder in Sachen Gewicht noch in optischer Hinsicht brauchen sich die TRP Spire Bremsen vor der hydraulischen Konkurrenz zu verstecken.

Welche mechanische Scheibenbremse darf es denn sein?

Ich habe eine Weile recherchiert und gesucht, bevor ich mich entschied. Bei meiner Recherche entpuppten sich zwei Modelle als potenzielle Kandidaten: die „Klamper“ von Paul Components und die „Spire“ von TRP. Hier solle die Bremspower gut und die Verarbeitung top sein. Ich fand einige Berichte darüber, die tendenziell recht positiv darüber berichteten.

Da die Klamper sauteuer und ohnehin zur Zeit nicht verfügbar war, brauchte ich gar nicht weiter zu überlegen: Es sollte also eine Spire werden. Doch hier sah es mit der Lieferbarkeit nicht viel besser aus… Allerdings hatte ich Glück: Ich fand eine „Spire C“ bei Ebay. Das „C“ steht scheinbar für die OEM-Version der „Spire“, also ein Modell, das nur Fahrradhersteller zum Ausrüsten ihrer Bikes direkt beim Hersteller ordern können.

Offenbar hatte sie also jemand von seinem Komplettrad abgebaut, um sie bei ebay zu verkaufen. Ich gewann die Auktion und durfte mich über eine fast neuwertige Bremsanlage beinahe zum Neupreis freuen… verrückte Fahrradwelt im Jahre 2021.

TRP Spire – die mechanische Scheibenbremse von TRP

TRP hat zwei mechanische Scheibenbremsmodelle im Programm: Die Spire SLC und die Spire. Letztere ist das günstigere der beiden Modelle. Der markanteste mir ersichtliche Unterschied ist der Carbon-Hebel, der bei der SLC die Bremsbeläge aktiviert. Laut Hersteller ergibt das einen atemberaubenden Gewichtsunterschied von 8 Gramm (146 Gramm vs. 154 Gramm) – also wirklich kein Grund, dafür mehr Geld auszugeben, auch wenn der Unterschied sich offenbar nur auf rund zehn Euro beläuft (79,99 Euro vs. 89,99 Euro).

Die Bremsen werden scheinbar ohne Zubehör wie die Scheiben verkauft, sodass ich mich doppelt glücklich schätzen konnte, alles im Set bei ebay ersteigert zu haben. Als alles ankam, war mein erster Eindruck total positiv. Die Bremse wirkt wertig und die komplett schwarze Ausführung der OEM-Version passt sogar noch besser an mein Bike, als die Aftermarket-Ausführung mit silbernem Hebel.

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Super einfach einzustellen: Ob Druckpunkt oder Feinjustage der Beläge – alles lässt sich mit einfachstem Werkzeug oder ganz ohne auch unterwegs erledigen.

Test: TRP Spire C

TRP Spire C – die Montage

Kurz und knapp: Ich habe noch nie so entspannt eine Scheibenbremse montiert. Einfacher geht es wirklich nicht und sauberer auch nicht. Das Herumhantieren mit Spritzen und Bremsflüssigkeit vermisse ich absolut nicht. Der Rest fühlt sich ein bisschen „oldschool“ so an, wie damals bei den Felgenbremsen: Außenhülle kürzen, Endkappen aufsetzen, Zug einfädeln, Zug kürzen und per Rändelschraube den korrekten Druckpunkt einstellen.

All das ist ja eigentlich super einfach – viel einfacher jedenfalls, als eine hydraulische Bremse zu befüllen und zu entlüften. Und genau diese Handschritte sorgen nun dafür, dass meine Schreibenbremse optimal funktioniert. Das Beste aus beiden Welten sozusagen…

TRP Spire C – Meine Erfahrungen

Der erste Eindruck ist super: Die Bremspower überzeugt mich. Natürlich ist sie nicht vergleichbar mit einer neuen, modernen hydraulischen Scheibenbremse – so fair muss man schon sein. Aber schon nach kurzer Zeit ist klar, dass mir die Bremspower am Gravelbike absolut reicht und auch besser ist als die mancher billiger mechanischer Scheibenbremsen, die ich schon probegefahren war.

Wesentlich wichtiger ist ohnehin der Punkt „Dosierbarkeit“. Und die ist richtig gut. Bei vielen mechanischen Scheibenbremse hatte ich das Problem, dass eben diese Dosierbarkeit nicht ideal war. Punktgenau vor einer Kurve anzubremsen kann dann schonmal zum Eiertanz werden. Nicht so bei der Spire C: Sie lässt sich richtig gut dosieren. Vielleicht tragen die kompressionslosen Außenhüllen von Jagwire ihren Teil dazu bei.

TRP empfielt die Verwendung solcher Züge und auch im Internet konnte ich einige Hinweise darauf finden, dass das Sinn macht. Insofern kann ich diesen Tipp hier nur weitergeben – vielleicht lassen sich damit auch andere Bremssysteme aufwerten. Die Funktionsweise dieser Außenhülle ist ja einleuchtend: Wenn sie sich beim Bremsen nicht komprimieren, ist der Druckpunkt zwangsläufig definierter.

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Auch auf der heimischen Abendrunde ist es ein tolles Gefühl, sich auf seine (mechanische) Scheibenbremse zu 100 Prozent verlassen zu können.

Eine Eigenart der TRP Spire C wird mir schnell klar: Die Beläge stellen sich nicht automatisch nach, wie es bei einer hydraulischen Bremse in der Regel der Fall ist. Logisch: Die haben einen Ausgleichsbehälter mit „Extra Bremsflüssigkeit“, die sich das System ziehen kann, wenn die Beläge schwinden und dadurch die Kolben weiter in Richtung Scheibe gedrückt werden.

Die Lösung des Problems bei einem mechanischen System? Sie ist ebenfalls mechanisch, recht pragmatisch und zum Glück total einfach: Der Zug muss gespannt werden, was mittels der typischen Rändelschraube schnell erledigt ist. Gerade bei Dreckwetter muss man das relativ häufig machen, teilweise mehrfach auf einer Tour.

Das nervt manchmal, hat aber auch einen Vorteil: Man wird stets daran erinnert, wie viel Belag man „verbraucht“. Ich habe jedenfalls auf diese Weise öfter mal nachgesehen und rechtzeitig neue Beläge bestellt. Zusätzlich zur Rändelschraube hat die TRP Spire noch eine mega praktische Funktion: Beide Bremsbeläge lassen sich unabhängig voneinander ausrichten, beziehungsweise der Abstand zur Scheibe kann eingestellt werden.

Das wird mit einem 3-mm-Inbusschlüssel erledigt. Das ist nicht nur zur Feinabstimmung des Druckpunktes praktisch, sondern vor allem auch, um das Schleifen der Beläge an der Scheibe loszuwerden. So eine Funktion hatte ich mir an so mancher hydraulischen Bremse schon öfter mal gewünscht! Doch Obacht: Denk unterwegs daran, einen passenden Schlüssel mitzunehmen! Mit einem Minitool kommt man kaum an die entsprechende Schraube dran.

bremse | lifeCYCLE Magazine
Kleines Manko in der Handhabung: Um die Beläge zu wechseln, muss man entweder die Bremse ab- oder die Laufräder ausbauen.

Womit wir beim nächsten Thema sind: die Bremsbeläge! An der TRP Spire kommen absolute Standardbeläge zum Einsatz, wie sie zum Beispiel an einer Shimano Deore Bremse passen. Das hat gleich mehrere Vorteile: Sie sind bestens verfügbar, quasi überall erhältlich und dazu auch noch total billig.

Während Beläge für eine Highend-Bremse wie SRAM Red AXS oder Shimano Dura Ace gerne mal 20 bis 25 Euro kosten, bist du hier mit schlappen fünf bis zehn Euro dabei. Kleiner Negativpunkt: Bei der Spire lassen sich die Beläge nicht nach oben herausziehen. Zum Wechseln muss man also die Räder ausbauen oder die Bremse vom Rahmen beziehungsweise von der Gabel demontieren.

Nun komme ich zum letzten Punkt meiner TRP-Spire-C-Review: die Funktion im Winter. Wenn ich mich an „früher“ zurückerinnere, denke ich mit Schrecken daran, was der ganze Dreck im Winter mit Schalt- und Bremszügen angerichtet hat. Manchmal war alles so versifft, dass die Bremsen sich nicht mehr richtig gelöst haben und permanent an der Felge geschliffen haben.

Ganz schlimm wurde es, wenn Wasser in den Zug lief und einfror… Derartige Probleme können natürlich auch eine mechanische Scheibenbremse ereilen. Ich kann hier leider noch keine Langzeiterfahrungen kundtun, aber immerhin erste Tendenzen teilen. Nach einigen Schlammschlachten und ersten Einsätzen bei Minusgraden ist klar: Ein bisschen Pflege sollte gerade im Winter sein, denn verdreckte Züge sorgen irgendwann für Probleme.

Neben regelmäßigem Reinigen des Bikes habe ich bisher nur eine weitere Maßnahme ergriffen: Ich habe die kleinen Gummi-Schmutzabweise am Ende der schwarzen Zugaußenhülle mit Fett gefüllt und hoffe, dass damit Wasser und Dreck möglichst außen vor bleiben. Ob es hilft, muss ich noch herausfinden. Im schlimmsten Fall muss ich eben einen neuen Zug einbauen. Wirklich ernsthafte Probleme hatte ich bislang jedenfalls noch nicht.

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Wenn der Schlamm schnalzt und das Wasser spritzt, macht das Spaß – aber das Material, insbesondere die Bremsen, freuen sich nicht so sehr darüber…

TRP Spire C: Der Winter danach

Mehr als ein Jahr lang war meine Spire C im Einsatz. Ja, du liest richtig: Sie war. Denn ich musste erfahren, was ich nicht glauben wollte: Wer diese Bremse dauerhaft bei schlechtem Wetter und unter matschigen Bedingungen oder bei Schnee fährt, könnte Probleme bekommen. Und so war es leider auch: Die hintere Bremse zog den ganzen Dreck magisch an, der Zug versiffte und es war ständige Pflege notwendig, um das Ganze beweglich zu halten.

Ich habe alles versucht. Wollte mir aus Gummi Schlammabweiser bauen und mit dicken Fettpackungen das Schlimmste verhindern. Doch es half nichts: Über jeder Tour schwebte die böse Vorahnung, dass erst wieder geschraubt werden muss. Und das hat auf Dauer einfach keinen Spaß gemacht.

Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass das Prinzip mechanische Scheibenbremse von TRP ziemlich gut umgesetzt wird. Bis auf die Sache mit dem Dreck passt alles. Nur fahre ich nunmal leider viel im Dreck. Und somit entpuppte sich dieses Problem als Off-Kriterium. Schade, schade, aber so sehe ich diese Bremse leider nur als Alternative fürs City-/Commutingbike, das vorwiegend in sauberer Umgebung unterwegs ist. Vielleicht werde ich sie irgendwann an mein Bullitt Lastenrad bauen, wenn die hydraulischen Stopper, die ich daran verbaut habe, beginnen Probleme zu machen …

TRP Spire C – Mein Fazit

Es war nie der Plan, auf mechanische Bremsen umzusteigen. Mehr oder weniger gezwungenermaßen kam ich dazu und muss sagen: Ich war anfänglich relativ begeistert! Die Bremspower ist okay, die Dosierbarkeit gut. Der eigentliche Punkt ist aber: So ein System ist unglaublich einfach in der Handhabung und prinzipiell total zuverlässig.

Ich kann mich darauf verlassen und das ist eine absolut angenehme Eigenschaft – nicht nur auf einer Weltreise. Die TRP Spire C kann also eine ganze Menge. Eines kann sie jedoch echt nicht gut: Bei Schnee und Dreck dauerhaft sauber und funktionsbereit bleiben. Deswegen ist mein Fazit nach rund 1,5 Jahren leider: Ich bin wieder auf hydraulisch umgestiegen.

4 Gedanken zu „Mechanische Scheibenbremse oder hydraulische Scheibenbremse? TRP Spire C im Test“

  1. Hallo
    Ich fahre TRP Spyre mehr wie 5 Jahre am Winterbike Cyclocrosser Felt F1-X. Campagolo hat damals keine hydraulische Bremse gebaut und ich musste mechanische Alternative nehmen. Ganz am Anfang waren die TRP Spyre eine Katastrofe. Ich konnte gar nicht aufhalten. Falls feucht war, noch schlechter. Dann habe ich Scheibe zu 180mm vorne und 160mm hinten vergrössert, Avid HSX verwendet und haupstächlich organische Beläge für Keramik gewechselt. Jetzt funktioniert. Wenn feucht ist in Winter, funktioniert Keramik noch besser. Keramik braucht eine Erwärmungzeit bis richtig funktioniert. Organische Beläge haben schnellere Anstieg, aber sind nicht so stark. Jetzt fahre ich auf einer Seite Keramik und auf andere Seite organische Beläge (vorne und hinten auch). Das funktioniert venünftig. Ich würde mich heute nicht einem solchen Martirium unterziehen und ich würde lieber für Hydraulik warten. Schuldigung für mein schlechtes Deutsch.
    Jiri

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  2. Hey!

    Habe mich über zwei Jahre mit der Spyre rumgeschlagen – verschiedenste Bremsbeläge und auch Bremsscheiben verwendet – ohne Erfolg, die TRP enttäuscht auf ganzer Linie!
    Normal notwendige Hebelkräfte, wie bei mech. Scheibenbremsen gewohnt, aber die Bremskraft ist sehr schlecht, merkt man besonders vorne (sehr nervig ist auch die ständig notwendige Nachstellerei der Beläge).

    Habe verschiedenste mechanische Scheibenbremsen getestet und probiert, darunter auch die SRAM BB7, die TRP Hy/Rd und die Juin GT (aka Yokozuma Ultima).
    Mit Abstand am besten finde ich die BB7 – allerdings leider nicht als flatmount Version erhältlich; sehr gut ist auch die TRP HyRd mit ihren nachstellenden Belägen, allerdings ist der Bremssattel schon ein ziemlicher Klotz und nicht wirklich schön.

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  3. Ich fahre auch ein Spyre SLC, vorher eine semihydraulische Juin. Das sind Welten, die Spyre ist die beste nichthydraulische Bremse am Markt. Fahre sie am Strassenrenner in Verbindung mit Campagnolo Potenza (wird aufgrund der Hebelübersetzung eigentlich gar nicht empfohlen) und die Bremskraft ist immer ausreichend. Im Gegensatz zu einer guten hydraulischen verbleibt eine etwas schlechtere Modulierbarkeit. Genau deshalb hat mir das Hinterrad in haarigen Situation und harten Bremsungen auch schon mal ohne Ankündigung blockiert. Deshalb bin ich da auch wirklich etwas zwiegespalten.

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