Über Scott Sharples
Scott Sharples ist Australier. Ich stehe hier mit ihm in Frankreich. Annecy, genau gesagt. Gerade sind wir zusammen eine ziemlich coole Endurotour gefahren, die direkt am „Lac d’Annecy“ endete. Scott hatte sichtlich Spaß auf dem Bike und ließ es richtig stehen. Doch zurück zum Thema: was macht der bullige Typ aus Australien, den ich noch aus den Eurosport Downhill Worldcup Liveübertragungen Ende der 90er Jahre kenne, hier in Frankreich?
Sein neuer Job führte ihn hierher. Seine Farben sind nun nicht mehr blau und rot, sondern gelb und schwarz: Scott ist Product Manager bei Mavic, dem französischen Premiumhersteller für Laufräder und Radsportbekleidung. Seine Aufgabe ist die Entwicklung neuer Mountainbike Produkte, von denen wir soeben einige testen konnten. Wer kennt sie nicht: Mavic´s Deemax Laufräder besitzen, wie Scott, Kultstatus. Also schnappe ich mir den sympatischen Ex-Profi und stelle ihm einfach mal ein paar Fragen…
Scott Sharples Interview
lifeCYCLE: Scott, erzähl doch mal, was du heute so machst und wie es dazu kam.
Scott: Ja… ich bin damals 6 Jahre lang professionell Downhill im Worldcup gefahren. Dann war ich 9 Jahre lang Trainer fürs australische Nationalteam und ein paar andere Jungs. Nun arbeite ich bei Mavic als Productmanager bzw. Kategoriemanager für alle Mountainbike Produkte. Heute bin ich seit ziemlich genau einem Jahr hier. Und für diesen Job arbeite ich mit all den professionellen Athleten zusammen, die heutzutage auf den Rennen unterwegs sind. Wir überlegen uns zusammen neue Produkte und testen sie. Und wenn´s um eine coole Biketour geht, bin ich auf jeden Fall immer dabei!
lifeCYCLE: Hast du sowas studiert? Oder was qualifiziert dich für diesen Job?
Scott: Ich bin tatsächlich damals, lange vor dieser Zeit, zur Uni gegangen [lacht]. Ich habe tatsächlich einen Abschluss. Aber mal ehrlich: in einem Job wie diesem hier kommt es darauf nicht an. Mein Uniabschluss hilft mir nicht bei der Entscheidung, welche Felgenbreite die richtige ist oder was die nächste coole Entwicklung an Bikes sein könnte. Man muss sich einfach auf etwas spezialisieren. Und ich kann sagen: ich bin Spezialist für Mountainbiking. Alles andere kann ich nur ein bisschen… [lacht].
Wenn ich mir die Bilder von damals angucke, muss ich sagen: wir sahen definitiv nicht sooo cool aus vor 20 Jahren. Lycra, diese komischen Panzer, Helme die klein uns unstabil waren, das war nicht cool. Heute ist das Equippement einfach der Hammer, da hat sich so viel getan. Und der Sport ist für die meisten Leute viel erreichbarer, als damals. // Scott Sharples
lifeCYCLE: Hast du eine Idee, was aus dir geworden wäre ohne die wilde Racing Zeit damals?
Scott: Das habe ich mich auch schon oft gefragt. Ich mag Surfen und die Surfing Industrie. Es gibt so viele Kreuzungen in deinem Leben… Entscheidungen die man fällt und die alles in eine bestimmte Richtung lenken können. Wäre ich jetzt hier, wenn ich dies oder das damals anders gemacht hätte? Wäre ich jetzt hier ohne meine erste Fahrt auf einem Mountainbike? Ich fand es damals so cool auf einem Bike zu fahren, dass Scott hieß, genau wie ich. Alles so kleine Dinge… vielleicht war das meine Bestimmung, vielleicht habe ich aber auch mein Leben in genau diese Richtung gelenkt.
lifeCYCLE: Wer war damals dein Vorbild?
Scott: Ich habe ehrlichgesagt nie wirklich irgendwelche Fahrer zu meinen Idolen gemacht. Ich habe viele Fahrer respektiert und sicher gab es auch ein paar, die ich als Vorbilder bezeichnen würde. Nicolas Vouilloz zum Beispiel. Er war nahe dran, perfekt zu sein in dem was er tut. Er war so fokussiert und seine Vorbereitung war einfach auf den Punkt. Alles was er tat, war nahezu perfekt für sein Ziel, Rennen zu gewinnen. Dave Cullinan… sein Style, wie er fuhr, schwer zu schlagen. Myles Rockwell, Jürgen Beneke, er war eine Maschine auf dem Bike. Sam Hill, sein Style und seine Finesse. Du siehst schon, es gibt eine Menge Leute, die ich gut fand.
Wäre ich jetzt hier, wenn ich dies oder das damals anders gemacht hätte? Wäre ich jetzt hier ohne meine erste Fahrt auf einem Mountainbike? // Scott Sharples
lifeCYCLE: Warst du damals mehr das Party-Animal oder mehr der seriöse Sportler?
Scott: Ich war eher der seriöse Sportler. Ich habe einmal hart Party gefeiert, um mir einen Ruf zu erarbeiten [lacht]. Klar mache ich auch gerne Party. Aber ich wollte ja vom Downhillfahren leben also war es das wert, sich zusammenzureißen. Ich wollte das wirklich durchziehen und so lange wie möglich davon leben. Ich hatte einen Plan, ich wollte nicht nur zufällig gute Ergebnisse einfahren.
lifeCYCLE: Was denkst du, würde passieren, wenn du die Top 20 Downhill Worldcup Jungs auf ein Bike von vor 20 Jahren setzt?
[lacht] Ja… das würde lustig! Ich beobachte die ja alle und bin immer beeindruckt, wie schnell das Ganze geworden ist. Die Frage ist nur, ob sich das Level wirklich geändert hat? Die Bikes sind einfach so verschieden. Damals wog so ein Bike 25 Kilogramm und 150 mm Federweg waren einfach der Wahnsinn. Nichts hat wirklich funktioniert im Vergleich zu heute: die Bremsen, die Reifen, die Federung… 600 mm Lenker. Damit musst du auch erstmal schnell fahren! Es ist wirklich schwer zu vergleichen. Ich weiss nur Eines: jedes Jahr gibt es in Mammoth ein „Legenden Race“. Die Top 10 Fahrer von damals schlugen beim letzten Mal als ich da war alle aktuellen Downhillprofis, die mitgefahren sind. Ich sag´s ja nur… [lacht]. Natürlich ist der Kurs in Mammoth aber auch etwas speziell [lacht].
lifeCYCLE: Okay, letzte Frage: Vergleiche mal bitte ein Rennen von damals mit einem Rennen von heute. Was ist bzw war cool und was nicht?
Wenn ich mir die Bilder von damals angucke, muss ich sagen: wir sahen definitiv nicht sooo cool aus vor 20 Jahren [lacht]. Lycra, diese komischen Panzer, Helme die klein uns unstabil waren, das war nicht cool. Bei den Strecken fällt es mir schwerer. Sie waren einfach anders. Alles hat sich verändert, die Strecken haben sich den Bikes angepasst oder vielleicht war es auch umgekehrt? Damals gab´s definitiv mehr Highspeed gefolgt von engen Kurven. Ich mochte das ehrlich gesagt. Einfach die Bremsen aufmachen und laufen lassen. Und dann volle Pulle in die Bremsen gehen, um danach wieder zu beschleunigen. Ich fand das cool. Heute ist das Equippement einfach der Hammer, da hat sich so viel getan. Und der Sport ist für die meisten Leute viel erreichbarer, als damals. Das Equippement ist besser, man kann es überall kaufen und viel mehr Menschen machen es heutzutage. Du musst nicht mehr basteln und deine Bremsen funktionieren trotzdem. Du kannst dich einfach aufs fahren konzentrieren und es genießen!
lifeCYCLE: Danke Scott, hoffentlich treffen wir uns in 20 Jahren immer noch beim Biken!