Klar, dass unser Kwiggle Faltrad Test auch für uns etwas Besonderes war. Fakt ist jedenfalls: Mit wuchtig hat das Kwiggle Bike nichts am Hut. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Seine Kennwerte sind rekordverdächtig. 55 mal 40 mal 25 lauten die Maße, die das Kwiggle im zusammengefalteten Zustand so gut wie überall als Handgepäckstück durchgehen lassen.
Du hast keine Vorstellung davon, wie klein sich das „anfühlt“? Sagen wir es mal so: Ein Brompton-Faltrad ist dagegen ein ganz schöner Brocken. Um das zu erreichen, musste Kwiggle Erfinder Karsten Bettin ziemlich lange denken, tüfteln und ausprobieren. Das Ergebnis: Am Serienbike ist so ziemlich alles eine Speziallösung. Vom Rahmen über die 12-Zoll-Laufräder bis hin zur eigenen Schaltungs-Lösung: Alles wurde selbst entwickelt und alles wird – so es denn irgendwie möglich ist – in Deutschland gefertigt.
Die Kompaktheit des Kwiggle ist nicht das einzige Besondere an diesem Rad. Mit seiner Erfindung wollte Karsten Bettin vor allem auch ein extrem ergonomisches Fahren erreichen. Das ermöglicht die durchaus ungewöhnliche Konstruktion: Ein nach links und rechts pendelnder Sattel – nach einem festen Sitzrohr sucht man vergebens. Die nahezu aufrechte Position, die Fahrende auf dem Kwiggle einnehmen, tut ihr Übriges. Auf dem Kwiggle sitzt man nicht, man steht sozusagen darin.
Mit verschiedenen Vorteilen für Fahrerinnen und Fahrer, wie uns Karsten Bettin erklärt: „Im Gegensatz zur gestreckten Haltung auf zum Beispiel einem Rennrad entlastet die aufrechte Position auf dem Kwiggle den unteren Rückenbereich und kann gegen Hüftblockaden und Nackenschmerzen helfen. Außerdem ist diese Körperhaltung extrem effizient. Durch die seitliche Bewegung des Sattels kommt das nach unten tretende Bein immer in die optimale Position, was auf Dauer eine Menge Kraft spart“. Um seine Worte zu belegen, berichtet er noch kurz von seiner Fahrt auf den legendären Stelvio – mit seinem Kwiggle, versteht sich.
Kwiggle Faltrad Test: Mit viel Liebe zum Detail
Wir haben es schon erwähnt: An diesem Bike ist nur ganz wenig „von der Stange“. Stattdessen ist ganz viel „Out of the Box“ gedacht: Unkonventionell und raffiniert. Das hochwertige, flexende Edelstahl-Lenkrohr ist ein gutes Beispiel dafür. Oder die aus dem Stück gefrästen Felgen, über die uns Karsten Bettin verrät: „Sie sind aus einem Stück gemacht und zwar aus einer Scheibe herausgeformt, die anfänglich so dick ist wie die Speichen. Das ist eine weltweit einzigartige Fertigung von Fahrradfelgen. Man braucht dafür deutlich weniger Material als bei geschmiedeten oder aus dem vollen gefrästen Felgen und deutlich weniger Energie als bei gegossenen Felgen. Die Verschleißfestigkeit ist größer als bei normalen Alufelgen, weil durch den Verformungsprozess das Material extrem verdichtet und verfestigt wird. Die Laufpräzision der Räder ist durch diesen Fertigungsprozess deutlich besser.“ Hier steckt einfach viel Liebe zum Detail drin. Das sieht man, das merkt man und das finden wir richtig klasse!
Der Falt-Prozess
Es ist immer wieder erstaunlich, wie aus dem kompakten Paket eines Faltrads ein „richtiges“ Fahrrad wird, das mehr oder weniger normal fährt. Das war beim Bergamont Paule so, das wir bereits getestet haben. Und das ist bei dem Klassiker der Falträder, einem Brompton, genau so der Fall. Beim Kwiggle verhält es sich nicht anders – naja, jedenfalls nicht viel. Zwei Unterschiede gibt es dann aber doch: Zusammengefaltet ist das Paket sensationell klein. Und ausgefaltet erinnert es natürlich an die Form eines Fahrrads, ist dann aber doch irgendwie ganz anders.
Um das Rad für unseren Kwiggle Faltrad Test zum ersten Mal aufzubauen (und wieder zusammenzufalten) ist unserer Einschätzung nach ein wenig Hilfe eines erfahrenen Kwigglers nahezu unabdingbar. Eigentlich ist das Prinzip genial einfach und – hat man es einmal verinnerlicht – auch sensationell schnell. Allerdings gibt es ein paar Handgriffe und Kniffe, die man drauf haben sollte. Kennt man sie nicht, ist das Kwiggle eher eine Art witziges Fahrrad-Puzzle. So erging es uns zumindest bei den ersten Versuchen.
Im Handbuch (und im Video) ist der Aufbau des Kwiggles einwandfrei erklärt. Hält man sich an die Anleitung, ist es eigentlich ganz einfach. Wenn man es dann ein paar Mal selbst gemacht hat, sitzen die Handgriffe und man ist bereit, den Vorgang ohne peinliche Momente in der Öffentlichkeit zu vollziehen. Tatsächlich ist der Auf- und Abbau des Kwiggle sogar ziemlich schwungvoll und in jedem Fall beeindruckend. Denn wie gesagt: Das zusammengefaltete Paket ist sensationell klein und ebenso leicht.
Abstimmung und Eingewöhnung
Bevor es auf die Testfahrten zu unserem Kwiggle Faltrad Test losgeht, muss das Rad penibel auf die Körpermaße seines neuen Fahrers beziehungsweise seiner neuen Fahrerin abgestimmt werden. Karsten Bettin leistet uns fachkundige Hilfe beim Einstellen und diese – so scheint es uns zumindest – ist auch wirklich notwendig. Es gibt da so eine Art „Sweet-Spot“, an dem aus einer verkrampften Körperhaltung die typische Kwiggle-Position wird, von der Herr Bettin immer wieder erzählt: Man steht im Rad, man sitzt nicht.
Genau diese Position zu „treffen“ ist anscheinend wirklich wichtig. Schaut jemand mit Kwiggle Erfahrung von außen drauf, ist die Grundeinstellung sicherlich schneller erreicht. In unserem Fall dauert es nur ein paar Minuten. Wer das Kwiggle online bestellt, bekommt es, nach Angabe der Körpermaße, weitestgehend voreingestellt und muss nur noch Feintuning betreiben.
Du merkst schon: Es ist nicht kompliziert, setzt aber voraus, dass du dich ein wenig mit dem Kwiggle auseinandersetzen musst. Mit anderen Worten: Wer ein Rad sucht, bei dem man nur schnell die Sattelhöhe einstellt und sofort loslegen kann, ist sehr wahrscheinlich mit dem Kwiggle etwas überfordert.
Es geht ja auch noch weiter: Jetzt folgen die ersten Fahrversuche. Diese sehen sehr wahrscheinlich ein wenig wackelig und unbeholfen aus – bei uns war es jedenfalls so. Aber keine Sorge: Du gewöhnst dich sehr schnell daran und wirst verwundert sein, wie sicher sich ein Mini-Bike mit schwingendem Sattel und 12-Zoll-Rädern fährt.
Kwiggle Faltrad Test: Commuting mit Style
Commuting – beziehungsweise generell die Mobilität in der Stadt – ist die Paradedisziplin des Kwiggle! Ein Kwiggle ist deine fast unsichtbare Mobilitätsgarantie. Hast du es dabei, verschwindet es bei Bedarf nahezu in jeder Ritze. Unter dem Sitz im Bus beispielsweise. Im Kofferraum des Kleinwagens von deinem Kollegen. Auf der Ladefläche eines Cargobikes wie dem GLEAM Escape oder auch unter deinem Schreibtisch im Büro. Sobald es aufgeklappt ist, ist es deine Wunderwaffe im Stadtverkehr. Du bist damit genauso schnell unterwegs wie mit einem normalen Fahrrad.
Das Rad ist total wendig, bequem und es fühlt sich sicher an – sobald du dich einmal dran gewöhnt hast, dass die kleinen Räder nicht alles verzeihen. Die Kombination Kwiggle und öffentliche Verkehrsmittel eröffnet vollkommen neue Möglichkeiten. Selbst auf dem Land, wo normalerweise nur Busse fahren, ist man damit rundum mobil: Mit dem Kwiggle zur Bushaltestelle, per Bus in die große Stadt, die letzte Meile wieder mit Kwiggle. Diese Art von Mobilität hat so viele Vorteile: Du bewegst dich mehr, du schnappst frische Luft, du sparst einen Haufen Geld, viel Zeit und du musst nie wieder einen Parkplatz suchen.
Sämtliche Nachteile, die das Pendeln mit einem normalen Rad mit sich bringt, fallen weg – das hat unser Kwiggle Faltrad Test gezeigt. Du musst kein sperriges Rad durch den Bahnhof schleppen, brauchst nicht in Sorge sein, dass das Radabteil mal wieder voll ist und am Zielort musst du nichts anschließen – du nimmst dein Rad einfach mit rein. Eigentlich ist es kaum zu glauben, dass man so ein geniales Hilfsmittel schon ab 1.369 Euro bekommt. Für das Geld kaufen manche andere sich eine Küchenmaschine!
Alles super gut?
Gut schon, aber „speziell“ ist eine Besonderheit des Kwiggles. Allein schon die Optik des Bikes ist absolut speziell. Damit solltest du keine Probleme haben. So klein es auch ist: Das Kwiggle zieht Blicke auf sich. Während unserem Kwiggle Faltrad Test waren die Reaktionen übrigens durchweg positiv, zumindest jene, die wir mitbekamen. „Boa ist das klein“ war die häufigste Reaktion, die wir am Bahnhof mitbekamen. Fakt ist aber auch: Es sieht ein bisschen komisch aus, das Kwigglen. Da muss man einfach drüberstehen.
Zweitens fährt sich ein Kwiggle eben auch ein bisschen speziell. Nicht im unangenehmen Sinn, aber speziell. Zum einen, weil du eher stehst, als sitzt. Dann, weil der Sattel schwingt. Und zu guter Letzt, weil die kleinen Laufräder einfach nicht alles verzeihen. Auf den Punkt gebracht heißt das: Du musst einfach ein bisschen schauen, wo du herfährst. Mini-Schlaglöcher sind kein Problem. Größere können aber eins werden. Denn die 12-Zoll-Räder bringen einfach nicht die Stabilität, die ein großes Laufrad zu bieten hat. Du solltest also mit offenen Augen unterwegs sein und Schlaglöcher, aber auch zum Beispiel Bordsteinkanten vermeiden oder mit Bedacht befahren.
Was du nicht, beziehungsweise nur mit Vorsicht, tun solltest: Das Vorderrad wie gewohnt mit Schwung über ein Hinderniss „reißen“. Mit dem Kwiggle wirst du dann vermutlich nach hinten absteigen. Durch den kurzen Radstand und die aufrechte Position auf dem Rad bringst du nämlich extrem wenig Gewicht aufs Vorderrad. Dieses kommt im Ergebnis sehr leicht vorn hoch. Wenn du es entlasten willst, musst du das mit Bedacht tun. Es reicht eine minimale Aufwärstbewegung. Am besten, man übt das ein bisschen, bevor man sich in den Verkehr stürzt.
Unterm Strich sorgen diese Eigenheiten dafür, dass man sich einfach auf dieses Bike einlassen muss. Im Gegensatz zu all den Vorteilen sind diese kleinen Besonderheiten gar kein Thema. Aber wie schon oben erwähnt: Wenn du keine Lust darauf hast, dich auf dein Rad einzustellen, ist das Kwiggle nicht das richtige Gefährt für dich. Ehrlicher Weise muss man auch sagen, dass das Bike für unroutinierte, unsichere oder ungelenke Fahrer*Innen nicht das Richtige ist. Wenn du stattdessen die Vorteile siehst und vor einer Umgewöhnung nicht zurückschreckst, wirst du das Kwiggle lieben.
Kwiggle Faltrad Test: Geht das auch mit Gepäck?
Karsten Bettin setzt noch einen drauf, als er uns die Gepäckoptionen des Kwiggle erklärt. Zum einen bietet es die Option, eine Radtasche vorn an den Bügel am „Steuerrohr“ einzuhängen. Und dann gibt es noch die Möglichkeit mit Hilfe eines kleinen Zusatz-Riemens, einen Rollkoffer ans Kwiggle dranzuhängen. Du hast dich nicht verlesen! Das ganze funktioniert einwandfrei, wir haben es selbst ausprobiert. Zwar sieht man so noch ein wenig spezieller aus, aber es eröffnet die Möglichkeit, selbst mit etwas größerem Gepäck auf die Reise zu gehen. Dieser Riemen ist auf jeden Fall eine witzige Idee, die – ganz pragmatisch gedacht – beweist: Es muss nicht immer mega kompliziert sein.
Toll ist übrigens auch, dass man das Kwiggle wie einen Trolley hinter sich herziehen kann, wenn man den Lenker ein wenig herauszieht. So lassen sich auch längere Wege entspannt zu Fuß zurücklegen. An großen Bahnhöfen wie Köln oder München oder auch auf der Shopping Tour im Einkaufszentrum kann das durchaus angenehm sein.
Kwiggle Faltrad Test – unser Fazit
Mal abgesehen von den Ergonomischen Argumenten, die der Hersteller liefert, ist das Kwiggle unserer Meinung nach auf einer anderen Ebene eine kleine Sensation: Es ist ein wahrer Agent des Wandels, der jegliche Nachteile des autofreien Stadtverkehrs entkräftet. Es ist super leicht, verschwindet in jeder Ritze, braucht keinen Platz zum Abschließen und ist gleichzeitig trotzdem quasi ein vollwertiges Fahrrad. Es ist die perfekte Lösung für die letzte Meile, wenn du es mit öffentlichen Verkehrsmitteln kombinierst. Es funktioniert aber auch einzeln für sich und beschert dir bisher unbekannte Flexibilität. Das Kwiggle ist sicher nicht für jede und jeden. Für viele, die die Probleme der Welt ernsthaft selber angehen wollen, ist es aber im Bereich der Mobilität ein geniales Tool.