Allgemeines
Wo kommen Stijncycles eigentlich her? So eindeutig lässt sich diese Frage gar nicht beantworten. Zunächst einmal kommt Firmengründer Stijn Deferm ursprünglich aus Flandern in Belgien. Beruflich verschlug es ihn aber oft nach Japan, wo er viele Inspirationen sammelte. Mittlerweile wohnt Stijn in Taiwan, wo seine Bikes letztendlich auch herkommen. Ihr seht: Es stecken viele Einflüsse in diesem Mini-Velo – vielleicht mit ein Grund, warum es so anders aussieht. Wer genau dieser Stijn Deferm ist? Das erfahrt ihr in unserer aktuellen Ausgabe #6. Wir haben ihn nämlich in seiner Heimat Flandern besucht und sind auf echtem belgischen Kopfsteinpflaster der ein oder anderen Frage auf den Grund gegangen.
Das Peg-Konzept
Das „Peg“ ist inspiriert vom japanischen „Rinko“-Kult. Rinko ist die ganz japanische Art und Weise, ein Fahrrad zu verpacken, zum Beispiel für die Reise mit der Bahn oder zum Lagern in der Wohnung. Rinko hat nichts mit einem Klapprad zu tun, auch wenn das Ergebnis sehr ähnlich ist. Der Weg dahin ist aber grundsätzlich anders. Ein Rinko-Bike ist – ganz ohne Klapp-Mechanismen – voll und ganz darauf ausgelegt, in relativ kurzer Zeit in das kleinstmögliche Packmaß gebracht zu werden. Aufgebaut handelt es sich aber in der Regel um vollständige Fahrräder, die rein optisch „ganz normal“ aussehen, mit großen Rahmen und normaler Laufradgröße daherkommen. Spannend wird es, wenn man einen Blick auf die Details wirft: So sind zum Beispiel die Schutzbleche zweigeteilt und lassen sich per Flügelmutter schnell demontieren. Ein spezielles Stecksystem erlaubt es, die Pedale ohne Werkzeug abzuziehen. Die Bremsen haben eine spezielle Zugaufnahme, so dass der Bremszug sich ohne Werkzeug aushängen lässt.
Spezielle Steuerrohrlager sind so konstruiert, dass ihr Innenleben nicht herausfällt, wenn man die Gabel ausbaut. Solche und mehr Details machen die Demontage sehr einfach. Die Einzelteile werden dann platzsparend in eine Tasche gepackt und können zum Beispiel mit in den Zug genommen werden. Rinko ist in Japan ein Kult und wird förmlich zelebriert – vor allem in Metropolen wie Tokio. Dort zieht man am Wochenende das „Rinko-Paket“ aus dem Abstellraum, fährt mit dem Zug aus der Stadt heraus, baut dort genüsslich sein Rinko-Bike auf, dreht eine Runde und demontiert es dann vor der Rückreise wieder.
Das Peg greift diese Idee auf – ohne sie zu kopieren. Vielmehr kombiniert es die Vorteile aus einer sehr kompakten Bauweise im Stil eines Mini-Velos mit der Möglichkeit, es relativ schnell auseinander bauen zu können und auf diese Weise ein noch viel kleineres Gesamtpaket zu erhalten. Das Ergebnis ist dann so kompakt, dass es tatsächlich beinahe an ein zusammengeklapptes Faltrad heranreicht. Nur beinahe, das ist klar. Aber dennoch ist ein demontiertes Peg so klein, dass es völlig problemlos zum Beispiel im ICE mitgenommen werden kann oder im Büro in die Lücke zwischen Schreibtisch und Aktenschrank passt. Der springende Punkt aber ist, dass das alles unter dem Aspekt einer speziell für kleinere Laufräder optimierten Geometrie passiert. Und das unterscheidet das Peg von allen anderen Mini-Velos.
Peg Singlespeed vs. Peg Road
Es gibt zwei Modelle vom Peg, die sich bei genauerem Hinsehen deutlich voneinander unterscheiden. Das Modell „Singlespeed“ ist sozusagen die schlichteste Version eines Fahrrads, die man sich vorstellen kann. Es kommt ohne jeden Schnickschnack aus, hat einen Gang, zwei Felgenbremsen, das wars. Das Modell „Road“ hingegen ist im Grunde ein vollwertiges Rennrad mit Scheibenbremsen und Schaltung. Es gibt aber noch einen markanten Unterschied und das ist die Geometrie: Das „Road“ ist deutlich länger, als das kompakte „Singlespeed“.
Und wie fährt sich dieses kleine Fahrrad nun? Los ging’s auf dem „Singlespeed“. Ein bisschen muss man sich dran gewöhnen, wenn man vom „großen“ Rad umsteigt, aber es hält sich sehr in Grenzen. Schnell kommen wir drauf klar und radeln sicher mit dem Bike durch die Stadt. Apropos: Das ist tatsächlich die Lieblingsspielwiese des kleinen Bikes. Dafür passt der eine Gang perfekt und dafür ist auch das wendige Fahrverhalten wie geschaffen. Am Berg hingegen ist Aufstehen angesagt und wenn man Tempo machen will, tritt man recht bald ins Leere.
In der Stadt jedoch zeigt sich das „Peg“ ausgesprochen vielseitig, was mit daran liegt, dass es mit Gepäckträger bestückt werden kann. Auf diese Weise kann man Taschen montieren und allerlei transportieren. Durch die Montage vorn werden die Fahreigenschaften nur geringfügig beeinflusst.
Wenn es um die Mitnahme in der Bahn geht, ist die Demontage dran. Dafür braucht man nur einen 5 mm Inbusschlüssel, ohne den jedoch nichts läuft. Alle Schrauben lassen sich mit diesem einen Schlüssel lösen. Der Inbusschlüssel ist sozusagen der Universalschlüssel. Wer nun denkt, ein Peg ließe sich ebenso einfach zerlegen, wie man ein Faltrad zusammenklappt, den müssen wir enttäuschen. Es dauert schon seine Zeit, bis man die Räder ausgebaut, den Lenker abgezogen und die Sattelstütze abgesenkt hat. Dann muss man noch alles mit Klettgurten verzurren und optimalerweise auch noch in die mitgelieferte Tasche packen, bis man reisefertig ist. Dann ist das „Paket“ aber ziemlich klein, lässt sich easy transportieren und passt in jede Ritze. Für gelegentliche Zugreisen ist das ziemlich super, für tägliches Pendeln hingegen etwas zu umständlich.
In dieser Hinsicht ist das Faltrad dem Peg also überlegen. Aber das will Stijncycles ja auch gar nicht mit seinem Konzept erreichen. Was Stijn Cycles hingegen will, sind Fahreigenschaften, die nahe an ein Rad mit großen Reifen herankommen. Und das wiederum ist ziemlich gut gelungen! Wir hatten die Chance, mal kurz zwischen „Peg“ und einem Brompton-Faltrad hin und her zu wechseln und das war ein kleines Aha-Erlebnis. Gegen das relativ wacklige Fahrgefühl des Brompton läuft das „Peg“ wie auf Schienen. Und das in der kompakten „Singlespeed“-Variante.
Womit wir schon zum nächsten Vergleich kommen: „Singlespeed“ vs. „Road“. Und auch das ist wieder so ein Aha-Erlebnis. Hätte man uns mit verbundenen Augen auf das „Road“ gesetzt, wir hätten vieles vermutet, aber nicht, dass wir auf einem 20-Zoll-Rad sitzen. Das ist schon beeindruckend! Auch, wenn wir nur eine kurze Probefahrt auf dem „Road“ unternommen haben: Wir sind uns ziemlich sicher (und Stijn Deferm beweist es ja oft genug), dass man darauf richtig lange Rennradtouren fahren kann, ohne jede Einschränkung.
Alle Infos direkt vom Hersteller gibt’s unter stijncycles.com.
Was nun, wenn dir dieses Rad gefällt und du gar eines kaufen möchtest? Dann wird es ein bisschen kompliziert! Denn tatsächlich gibt es zur Zeit keinen Vertrieb außerhalb von Japan. Allerdings hat Stijn geplant, mit der nächsten Produktion auch welche nach Europa zu bringen. Bis es soweit ist, kontaktiert ihr am besten Stijn direkt, wenn ihr Interesse habt.
Und was soll so ein Peg kosten? Da es die Bikes offiziell gar nicht in Europa zu kaufen gibt, gibt es natürlich auch keinen offiziellen Preis. Ein „Singlespeed“ dürfte aber komplett ungefähr bei 1.250 Euro langen und ein „Road“ wurde als „Rolling-Chassis-Set“ schon für 1.600 Euro verkauft. Stijn verriet uns aber: „Die nächste Charge wird hoffentlich wesentlich günstiger aber niemals billig“. Aber: Geiz ist ja schon lange nicht mehr geil – dafür bekommt ihr ein total individuelles und durchdachtes Produkt, das einfach funktioniert!