Leider liegt es eben in der Natur der Sache, dass Radfahrer deutlich schneller sind, als Fußgänger. Da ist es durchaus nachvollziehbar, dass man sich erschrecken kann, wenn ein Radler mit 20, 25 oder 30 Sachen an einem vorbei rauscht. Diese gemeinsamen Wege basieren auf Rücksichtnahme. Ich persönlich empfinde es als grenzenlos rücksichtslos, wenn es Fußgänger vollbringen, zu zweit einen 4 Meter breiten Weg zu blockieren und dabei so langsam reagieren, dass die Vollbremsung unausweichlich ist. Und statt einer Entschuldigung bekomme ich das zu hören, was mich sofort von 0 auf 180 bringt: „Hasse keine Klingel?“. Läuft der kleine Schnappi unangeleint nebenher ist meine Reaktion an schlechten Tagen vorprogrammiert: „Habta keine Leine?“. Und weg bin ich. Und wie ich so weg bin, weiss ich schon, dass man so keine Harmonie schafft. Ich gelobe innerlich Besserung und hoffe, dass jetzt erstmal freie Fahrt ist.

Kuscheln für mehr Harmonie
Gestern passierte es. Beim Radeln über die Trasse sehe ich ein Krokodil, einen Waschbär und ein Kamel. Echt jetzt. Ja ist denn schon Karneval? Ehrlich gesagt hält sich mein Verständnis für dieses kulturelle Ereignis in argen Grenzen, sodass ich mein Grummel-Gesicht auflege und mich im Schritttempo missmutig durch die Ansammlung von Polyester-Tieren und ihren Anhängen hindurchzwänge. „Darf ich dich mal knuddeln?“, höre ich auf einmal das Krokodil sagen. „Hä, bitte was?“ – mein Gesichtausdruck erübrigt eine Äußerung dieser Worte. „Ja, ähm, heute ist Weltknuddeltag. Und wir wollen hier einfach mal alle knuddeln und für mehr Rücksichtnahme und Verständnis auf der Bahntrasse werben“. Ja nee, is klar, denke ich mir und finde mich alsbald in den grünen Armen eines kuschligen Krokodils wieder. Einmal kurz geknuddelt und mein Miesepetergesicht legt ein freundliches Lächeln auf. Wow. Knuddeln hilft voll.
So geht es allen hier. Die Fußgänger sind entspannt, die Radfahrer sind entspannt und dass sich am Ende nicht alle in den Armen liegen, ist auch alles. Dafür hätte man halt noch einen Glühweinstand aufbauen müssen. Muss ich mich jetzt erst als Krokodil verkleiden, damit es auch sonst läuft auf dem Radweg? Das könnte helfen, ist aber leider nicht praktikabel. Was definitiv hilft, ist eine Klingel. Man kann so freundlich rufen, wie man will. Die meisten Menschen sind einfach darauf konditioniert, beim Ertönen einer Klingel völlig ohne zu Murren den Weg frei zu machen. Ergänzt von einem freundlichen „Danke“ wäre das ein guter Schritt für Harmonie auf dem Radweg. Wenn dann die „Gegenseite“ auch noch ein bisschen auf dem Schirm hat, dass man vielleicht doch ein bisschen Platz zum Überholen lässt und dass es ganz normal ist, dass Radfahrer eben ein bisschen schneller sind, bin ich optimistisch, dass eine friedliche Koexistenz beider Fortbewegungsarten möglich ist. Rücksichtnahme ist eben keine Einbahnstraße. Bleibt eigentlich nur noch eine offene Frage: Warum gibt es eigentlich keinen Welt-Fahrradklingel-Tag?
Waren leider schon weg, als ich ankam, die Knuddeltiere.
Dafür waren die Fußgänger in dem Matsch auf der Glückauf-Trasse noch nicht da – fast. Einmal drei Damen nebeneinander plus freilaufendem Hund. Klingel hat ausreichend funktioniert.
Tut die von dir gezeigte an richtigen Regentagen und Fußgängern mit Parapluie garantiert nicht. Da verlasse ich mich lieber auf meine Stimmbänder.